Fanseite City-Tunnel Leipzig
erstellt von Frank Eritt
Donnerstag, 21.11.2024
 

City-Tunnel Leipzig - Tunnelbau

 

Der Tunnelbau stellt wie bei jedem Tunnel eine besondere Herausforderung an alle Beteiligten dar.
Diese sind am City-Tunnel unter anderem folgende:

  1. Der Tunnel besteht aus zwei mal drei Teilabschnitten (2 x 1.470m), die zwischen den Stationen liegen. Die Tunnelbohrmaschine (TBM) muss nach jeder Haltepunktequerung neu anfahren, was die Bauzeit - verglichen mit einem am Stück gebauten Tunnel - verlängert.
  2. Das Grundwasser wird durchfahren, was bedeutet, dass mit Überdruck gearbeitet werden muss.
  3. Durch Neubauten in den 90er Jahren befinden sich in der Tunnelachse noch Litzenanker (1) und Bohrpfähle (3) von Baugruben, die nicht durch die TBM ohne Weiteres durchfahren werden können. Diese Elemente müssen unter Druckluft per Hand ausgebaut werden um eine Beschädigung der TBM zu vermeiden. (siehe auch Untergrund)

Start der Tunnelbohrmaschine (TBM )

Der Start der TBM ist in der Baugrube am Bayerischen Bahnhof, von wo aus sie sich dann bis zum Hauptbahnhof vorarbeitet. Dort wird sie demontiert und am Bayerischen Bahnhof wieder montiert, wonach sie ein zweites mal startet. Der Nachläufer der TBM wird durch den vorhandenen Tunnel zurückgezogen.
Am Bayerischen Bahnhof sowie an allen anderen Stationen werden deshalb vor und nach der Stationen zwei jeweils drei Einphasenschlitzwände errichtet. (Bild)
Diese Schlitzwände werden im Gegensatz zu Zweiphasenschlitzwänden nicht mit Beton gefüllt.
Die Suspension wird mit Zement versetzt und erhärtet im Schlitz. Diese Masse bildet eine wasserdichte Wand aus, die die Tunnelbohrmaschine dann durchfährt, ohne dass Wasser und Gestein austreten können.

Einphasenschlitzwand

Anlieferung TBM aus Schwanau

Im Juli 2006 wurde die TBM mit mehreren Schwertransportern aus Schwanau angeliefert und mit einem 500t-Kran von Maxikraft in die Baugrube am Bayerischen Bahnhof gehoben und bis September montiert. Neben der Montage der TBM wurde die Schlitzwand zur Einfahrt der TBM ausgebrochen (Bild).

Bilder vom Einhub der TBM am 10.07.2006
Bilder vom Einhub der TBM am 14.07.2006

Einphasenschlitzwand

Widerlagerblock und Anfahrtopf Startbereich (Stahltopf)

Für den Start der TBM wird ein Widerlagerblock aus Stahl erstellt, an dem sich die TBM abdrückt. Weiterhin wird der Anfahrtopf für die Schildschwanzverpressung erstellt. Dieser ist vom Durchmesser her etwas größer als die TBM und simuliert einen aufgefahrenen Tunnel. Startet die TBM nun, wird zuerst der Hohlraum vor und um das Schild mit Suspension gefüllt um einen Druck aufzubauen (siehe Funktionsweise TBM). Danach setzt sich das Schneidrad in Bewegung und die Pressen der TBM drücken diese die ersten Meter in den Dichtblock. Anschließend wird der erste von fünf Blindtübbingringen eingebaut.

Zur Veranschaulichung dieses Vorgangs kann hier eine GIF-Animation heruntergeladen werden. (Größe 810 KB)

Die Schildschwanzverpressung ist notwendig, um den entstandenen Hohlraum zwischen der TBM (9,00 m Durchmesser) und Außenkante Tübbing (8,70 m Durchmesser) auszufüllen. Würde es keine Schildschwanzverpressung geben, würden die Setzungen an der Geländeoberfläche erhebliche Ausmaße annehmen.
weitere Infos zur Schildschanzverpressung auf der Seite zur Tunnelbohrmaschine

Blindtübbings Startblock

Widerlagerblock und Drucktopf Zielbereich (Stahltopf)

Auch im Ziel der Station Wilhelm-Leuschner-Platz wird ein Widerlagerblock benötigt. Neben ihm wird ein Drucktopf eingebaut. Dieser wird auf die Schlitzwand dicht aufgesetzt und mit einem Deckel versehen.
In den 40 t schweren Drucktopf fährt die TBM nun ein, da sie den Tunnel nur mit Hilfe eines flüssigkeitsgestützen Schildes auffahren kann, um den Wasser- und Erddruck aufzunehmen. Im Drucktopf werden Druckbedingungen geschaffen, die denen vor dem Schneidrad nahe sind. Somit wird verhindert, dass Gestein durch den Druck von der TBM in die Station gepresst wird, was einen Grundbruch, hinter der Stirnwand zur Folge hätte. Neben dem Grundbruch, der durch die fehlende Stützwirkung der Suspension eintritt, würden Suspension und Gestein in die Station strömen. Die TBM könnte nicht mehr weiterfahren, da sie im Grundbruch feststecken würde.

Zur Veranschaulichung dieses Vorgangs kann hier eine GIF-Animation heruntergeladen werden. (Größe 1.220 KB)

Nach der Einfahrt in den Drucktopf wird die TBM nicht durch die Station gezogen sondern nur der Nachläufer. Der Maschienenteil der TBM, also der vordere Teil, drückt sich mit Hilfspressen an Fertigteilen ab und zieht, wie im Tunnel, die drei Nachläufer hinterher.

Bilder von der Durchfahrt Station Wilhelm-Leuschner-Platz


Drucktopf Zielblock

Widerlagerblock und Drucktopf Zielbereich (Betontopf)

Normalerweise sollte die Dichtigkeit durch den Dichtblock vor und nach einer Station sichergestellt sein. Dies ist jedoch aufgrund der Bodenbeschaffenheit nicht möglich. So wurden bei der Vorlaufmaßnahme am Markt bei der Herstellung des Dichtblocks Holzeinlagerungen und Braunkohle festgestellt. Eine hundertprozentige Dichtigkeit kann also nicht gewährleistet werden.

Durch diese Tatsache wurde vom TB der DYWIDAG das Verfahren der sogenannten "BETONTÖPFE" überprüft und nun auch angewendet.
Dadurch wird die erste Dichtungsebene aus dem Dichtblock in den Bereich der Schlitzwand verlagert.
Der Betontopf besteht aus einer Abbaukammer und dem Betonblock, dessen Größe sich aus statischen Anforderungen ergibt. Die Abbaukammer ist notwendig, um die Stirnschlitzwand unter Druckluft auszubauen. Anschließend wird die Abbaukammer mit Beton verfüllt sowie die Schleusen demontiert. Der Betontopf hat eine Länge von ca. 13 m und ein Volumen von ca. 2.200 m³.

Anschließend kann die TBM durch den undichten Dichtblock in den Betontopf einfahren. Durch die kontinuierliche Verpressung des Ringspaltes durch den undichten Dichtblock sowie bis zur Stirnschlitzwand ist ein wasserdichter Anschluss an die Station gewährleistet.

Zur Veranschaulichung dieses Vorgangs kann hier eine GIF-Animation heruntergeladen werden. (Größe 2.000 KB)

Startblock

Widerlagerblock und Anfahrtopf Startbereich (Betonblock)

Der Betontopf im Startbereich zum dritten Schildabschnitt ist 23 m lang. Er besteht aus 8 Fertigteilen "Betonhöhle", der Kammerwand sowie der Abbaukammer.
Das Schild wird in die "Betonhöhle" mit einem Durchmesser von 9,04 m bis vor die Kammerwand (Betonblock) geschoben und Blindringe kraftschlüssig an die "Betonhöhle" angeschlossen sowie der Ringspalt verpresst. Die Lasten und Kräfte aus den Pressen werden über Reibung von den Blindtübbingen auf die Fertigteile, dann in den Betontopf übertragen und von dort in die bauwerkssohle abgeleitet.
Die Fertigteile der "Betonhöhle" sind deshalb mit GEWI Zugstangen ausgestattet, die gleichmäßig über den Querschnitt verteilt sind.
Die bauwerkssohle wurde bei der Betonage mit einer trapezförmigen Profilierungen versehen, wie auch die Fertigteile der "Betonhöhle".

In der Abbaukammer wird wie im Zielbereich die Stirnschlitzwand unter Druckluft ausgebaut und dann mit Beton verfüllt.

Nach dem Einbau des ersten Blindrings kann der Vortrieb durch den Betonblock starten. Insgesamt sind 12 Blindringe erforderlich.

Zur Veranschaulichung dieses Vorgangs kann hier eine GIF-Animation heruntergeladen werden. (Größe 2.600 KB)

Zielblock
Zielblock
Kammerwand Betontopf

Daten und Fakten zum Tunnel

Der Tunnel hat einen Ausbruchdurchmesser von 9,0 m und wird mit einem flüssigkeitsgestützten Schild aufgefahren. Dies bedeutet, dass ein Überdruck erzeugt wird, der das Eindringen von Wasser und Gestein in den Tunnel verhindert.
Die Überdeckung schwankt zwischen 8,0 m und 16,0 m. Dabei liegt der kleinste Abstand zwischen bauwerksgründung und Tunneldecke 2,20 m unter dem Petersbogen (untere Tiefgaragenebene).
Der Tunnelvortrieb erfolgt im Grundwasser mit einer Druckhöhe von ca. 16,0 m bis zur Sohle des Tunnels.

Tunnelansicht

Technische Ausrüstung des Tunnels

Nach dem Bau der Tunnelröhren erfolgt die technische Ausrüstung des Tunnels. Diese umfasst rein bahntechnische Komponenten wie z.B. Feste Fahrbahn mit Masse-Feder-System [Nr. 2], Rohrtrassen [Nr. 1 und 3], Trockenlöschleitungen [Nr. 7] und die Stromversorgung der Gesamtanlage die Oberleitungsanlagen, Tunnelsicherheitsbeleuchtung, Tunnelenergieversorgung, Signalanlagen, Telekommunikation sanlagen sowie Entwässerungsanlagen [Nr. 5 und 6]. Hierbei ist zu beachten, dass der Tunnel so kon struiert wird, dass keine Anlagensysteme, die in Brand- oder Katastrophenfällen (z.B. Entgleisung) benötigt werden, ausfallen dürfen. Besonderheit ist hierbei, dass alle für Rettungszwecke benötigten Leitungen in einbetonierte Rohre verlegt werden. Revision sschächte werden aller 100 m angeordnet, um Leitungen zu muffen oder Kabel herauszuführen bzw. einzufädeln. Die Revision sschächte werden mit einer bruchsicheren schweren Abdeckung belegt.
Weiterhin sind im Tunnel 1,40 m breite Rettungswege angeordnet und mit einem 1,00 m hohem Geländer [Nr. 4] versehen. Diese beginnen jeweils am Bahnsteig und verlaufen in Fahrtrichtung links.
Weitere Besonderheit ist der Einsatz von Deckenstromschienen anstatt einer Fahrleitung. Dabei wird der Fahrdraht in eine Aluminiumleiste eingeklemmt.

Querschnitt City-Tunnel
Stromschiene

Schutz der Bebauung vor Setzungen

Bei jedem Tunnelbau ist nach Durchfahrt eine Senkungsmulde zu erwarten, da auch bei sorgfältiger Arbeitsweise ein Bodenentzug (5) nicht vollständig vermieden werden kann. Die Senkungsmulde wird etwa 60 - 80m breit sein. Die Tiefe hängt unter anderem von der Art der Überdeckung, der Scherfestigkeit des Bodens sowie der Überlagerung ab. Diese soll max. 20 mm bzw. 30 mm nach der zweiten Tunnelauffahrt betragen. Alle Gebäude, die in der Tunneltrasse liegen und betroffen sind, wurden deshalb untersucht. (Bohrungen, Baugrunduntersuchung, Bauakteneinsicht). Des weiteren erfolgt eine ständige Überwachung der Gebäude mit Schlauchwagen und Nivellement.
lesen Sie hier mehr zu den Verpresschächten
lesen Sie hier mehr zum Thema Vermessung
Nach dem der erste Schildabschnitt aufgefahren wurde, sind die Setzungen alle unter 10 mm geblieben.

 

Erläuterungen zum Text:
1) Litzenanker: Anker aus Stahldrähten, die mit Zementmörtel im Boden rückverankert werden, um die Wand der Baugrube zu halten.
2) Tübbings : gerundete Betonelemente, die den Tunnelring bilden.
3) Bohrpfahlwand: gebohrte Erdlöcher, die mit Beton verfüllt werden
5) Bodenentzug: Nachsacken des Bodens nach Tunnelarbeiten oder Bergbauarbeiten

Bilder und Text Frank Eritt - letzte Änderung 19.07.2015 - 12:07